DER TAG

A FILM BY ULI M SCHUEPPEL

84min, col, dolby st, Deutschland, 2008

PREMIERE: 51. Int. Festival für Dokumentarfilm Leipzig (in Wettbewerb)

FESTIVALS: 38th Int Filmfestival Rotterdam 09; 11. Buenos Aires Festival International de Cine Indipente/BAFICI 09; Achtung Berlin-Festival 09;
New Berlin Film Award (Preis der Ökumenischen Jury)

Der Tag ist eine tastende Annäherung an die „Alltäglichkeit“ des letzten Tages in Berlin. Eine filmische Meditation über Leben, Zeit und Räume – und ihre Ausgänge. In dem Essay-Film wird der letzte Tag von 12 Verstorbenen in Berlin nachgezeichnet. Die unterschiedlichsten Angehörigen, BegleiterInnen und „PassantInnen“ der Verstorbenen schildern aus dem Off diesen Tag vom jeweiligen Aufstehen bis zum Moment des Todes irgendwo in der Stadt. Dieser Moment erscheint mal völlig überraschend, mal auch herbeigesehnt und zwingend.

Die Kamera, und der Zuschauer mit ihr, tastet sich in lang gedehnten Plansequenzen, vorsichtigen Schritten, in und durch die jeweiligen Räume des Sterbens. Erstarren, vorstellen, weitergehen, sich verlieren und suchen. Die uns vorgeführten Orte, die Zimmer, die Strassen, öffentliche und private Räume, die ganze Stadt ist „verlassen“ von allem Lebenden – Abwesenheit. Die Orte werden innerhalb der Schilderungen und des Begehens zur Zwischenwelt. Zeit löst sich auf. Auf der Tonebene wird das „alltägliche Leben“ als musikalische, und damit auch dramaturgisch gesetzte Sound-Collage inszeniert (komponiert von FM Einheit, ExEinstuerzende Neubauten).

Der Tag nimmt so die ZuschauerInnen auf eine innere Reise mit und kreiert eine filmische Meditation über die unmittelbare Nähe des Todes.

„Im deutschen Dokumentarfilm tut sich was !
Allen voran, das stille Meisterwerk Der Tag von Uli M. Schueppel.
Nah an Sokurovs Kameraarbeit dran, d.h. mit Filtern und einer sich ständig verändernden Lichtbestimmung arbeitend, sind Cornelius Plache und der Regisseur wohl lange auf der Suche nach Bildmotiven gewesen. Es hat sich ausgezahlt : Orte werden plastisch. Eine Strassenkreuzung bekommt Schicksalsbedeutung. Eine Ampel wird zu Kassandra. Ein einfaches leeres Zimmer mutiert zum Symbol der Abwesenheit. Die narrative Struktur wird so mit den Bildern bzw. Einstellungen dicht verwoben und ergibt ein spannendes, immer wieder neu in Frage gestelltes Schema der Distanz, die das Erzählen vom Tod ermöglicht.“
(Heike Hurst, programmkino.de 11/08)

„Der letzte Raum
Der Tod ist für den Menschen nicht zu fassen, gleichzeitig ist er wie kaum ein anderes Ereignis im Leben mit Bildern und Gefühlen überladen. Gerade darum konzentriert sich der Berliner Regisseur Uli M.Schueppel in der Arte-Produktion Der Tag aufs Wesentliche. (…) Die Bildgestaltung von Cornelius Plache und das Sounddesign des Einstürzende Neubauten-Drummers F.M Einheit öffnen und erweitern diesen ganz und gar unsentimentalen, kühl poetischen Raum, in dem die Zeit stillsteht, in dem sich am Ende jeder Lebenszeit mit den Bildern auch die Existenzen sanft entmaterialisieren.

Auf den ersten Blick scheinen die zwölf Strophen dieses meditativen Gedichtes weit entfernt von den anderen, oft musikalisch geprägten Dokumentationen und Spielfilmen von Uli M.Schueppel. Doch auch hier vibriert unter den kühlen Oberfl&oumL;chen dasselbe zutiefst musikalisches Gespür mit dem er auch sonst seine Beobachtungen in Rhythmus versetzt, und auch hier fängt er im Wechsel der Jahreszeiten und Lebensalter mit den Erzählungen und Stadtansichten ein unverwechselbar berlinerisches Lebens- (und Sterbe-) Gefühl ein. Für den Regisseur war das Geheimnis des Todes auch eine Übung in der Kunst des Loslassen. Man muss Arte für den Mut danken, dieses Projekt unter seine Fittiche zu nehmen. Nun bleibt nur zu hoffen, dass der auf internationalen Festivals gefeierte Film, mit seinem programmatisch schlichten Titel auf dem späten Sendeplatz nicht übersehen wird.“ (Anke Sterneborg, Süddeutsche Zeitung, 9.5.09)

Laudatio zum New Berlin Film Award 09:
„Der Preis der Ökumenischen Jury geht an den Dokumentarfilm „Der Tag“.
Eine einfühlsame Meditation über das Sterben und über den Menschen als einsames und soziales Wesen. In einer Zeit der Sprachlosigkeit oder auch der Klischees beim Thema Tod ermutigt das Werk zu eigener sprachlicher Auseinandersetzung mit Schicksal und Leid und zeigt die tiefe Bedeutung von Erinnerung auf. Dabei ist „Der Tag“ so sehr ein allgemeingültiger Film wie ein wirklich Berliner Film.“ (21.4.09)

„Zwölf Strophen über das Sterben der Anderen.
Zwölf Hinterbliebene erzählen im Off, wie sie den letzten Tag mit einem nahen Menschen verbracht haben: einem Kind, einem Freund, einem Liebhaber, einem Kollegen oder einem Elternteil. Oft wurde der Tod ängstlich erwartet, ebenso oft aber trat er auch unerwartet und vor allem im falschen Moment auf. Er raste in Form eines unachtsamen und nie identifizierten LKW-Fahrers herbei oder ereignete sich als liebevoll begleitetes Hinüberschlafen.

Uli M. Schueppel geht es nicht um Glaubensbekenntnisse über die Macht des Todes. Er nötigt seine Zuschauer nicht zu sentimentalen Trauer-Reflexen, noch ergeht er sich in esoterisch verbrämtem Smalltalk, dass das Sterben als verdrängter Teil des Lebens doch bloß ‚anzunehmen‘ sei. Souverän bezieht er seine Stellung jenseits allen wohlfeilen Geredes und lädt ein, mit seinen Erzählern noch einmal jene Momente zu teilen, in denen der Tod sich rüstete, einen Menschen aus der nächsten Nähe unwiderruflich weg zu holen. Die Kamera, geführt von Cornelius Plache, tastet dazu in Plansequenzen menschenleere, vermutlich mit Erinnerungen aufgeladene Schauplätze ab: Zimmer, Wohnungen, Waldwege, Autobahnstücke, Straßenkreuzungen. Das Anliegen des Films: Vergegenwärtigung.

Vergegenwärtigt wird allerdings nicht das vergangene Leben der Gestorbenen oder das künftige der Hinterbliebenen, sondern dieser eine Tag dazwischen, von dem die Menschen hier eben erzählen. Jede dieser Erzählungen endet in der Unschärfe. Die Kamera entledigt sich so, innerhalb der Einstellungen, ihrer illustrativen Aufgaben und beginnt zu malen.

Kontinuierlich spielt der Film auf zwei offen miteinander verbundenen Ebenen – jener des Erzählens und jener des Zeigens. Hinzu kommt eine dritte: dem Geschehen hinzu assoziierte Soundscapes von F.M. Einheit.
(Ralph Eue, Festivalkatalog Leipzig 08)

in memoriam
Eszter Szabo, Anna Friedrich, Maria Pia Heinitz, Andreas Freese, Roland Krüger, Constanze Hoffmann, Gerhard Weber, Clemens Berger, Gunnar Ortlepp, Jeanette Kohlmann, Heinz Schneider und Luca Zehnle

ErzählerInnen
Eva Baumann, Jakob Friedrich, Ruth Sieveking, Tino Czerwinski, Anne Steckner, Christian Blöss, Monika Gaugel-Weber, Herr Gründer, Sandy Wienberg, Andreas Kohlmann, Esther Schneider, und Tina Zehnle

Buch & Regie
Uli M Schueppel

Originalton-Komposition
FM Einheit

Kamera
Cornelius Plache

Ton & Mischung
Martin Frühmorgen

Schnitt
Ernst Carias

Produktionsleitung
Anne Kathrin Lewerenz

Redaktion
Doris Hepp

Kameraassistenz
Ludwig Zimmer
Riccarda Hibbelin

Anne Pressler

Licht
Petja Gohr

Tonassistenz
Anne Finger

Technische Assistenz
Rudolf Domke

Postproduktion
DasWerk – Berlin
Hannes Andresen
Wolf Bosse

Digital Grading
Nico Hauter

Onlining
Thomas Schernikau

HD Mastering
Sven Heck

Titel Design
Anne John

Filmlabor
CineProduktion/Geyer
Gabriels Schultze
Stefan Müller

Kameratechnik
Arri Rental Branch Berlin
Fritz Sammer

Tontechnik
Die Cinebären
Benjamin Riesenfeld

Besonderer Dank an
Uwe Buhrsdorf, Hannah Dübgen, Irina Schröder, Tanja Zehnle,
David Ensikat (Redaktion „Nachrufe“/Der Tagesspiegel)
Tatjana Wulfert, Gregor Eisenhauer, Veronika de Haas, Thomas Loy, Anselm Neft, Jelena Schulte
Sogyal Rinpoche
Stephanie Geiger, Walter Lenertz, Hans Kutnewsky
und Cosmo Schüppel

Produktion
schueppel-films & zdf
in Zusammenarbeit mit
arte