DER PLATZ

A FILM BY ULI M SCHUEPPEL
52min, s/w, BetaSP (S-16mm), Dolby-Stereo

PREMIERE: Februar 1997; International Filmfestival Rotterdam

FESTIVALS: International Filmfestival Rotterdam, Internationale Filmfestspiele Berlin (Forum), New York Videofestival, Montreal, Edinburgh, Graz Biennale, Transmediale, u.a.

DER PLATZ from schueppel-films on Vimeo.

Berlin, Potsdamer Platz, April 1996: die größte innerstädtische Baustelle Europas. So weit man sieht und hört: Baufahrzeuge, Kräne, Bagger, Lkws, etc. Durch die Montage aus schwarz-weißem Dokumentarmaterial und der Filmmusik, die FM Einheit ausschließlich aus Original-Baugeräuschen komponiert hat, zeigt Uli M Schueppel die Baustelle als imaginären Körper, der pulsiert, vibriert und unaufhörlich wächst.

Innerhalb dieser Ton-Bild-Komposition werden Arbeiter unterschiedlicher Herkunft und Funktionen kurz porträtiert. Während sie bei ihrer Arbeit beobachtet werden, schildern sie einen Platz, der in ihrem Leben von besonderer Bedeutung ist. Die Geräusche, der von ihnen benutzten Maschinen fließen in die Filmmusik mit ein und lassen die Erinnerungen und Schilderungen der Arbeiter fast zu „Gesängen“ werden, die von Natur und Stille handeln.

„Berlin, Potsdamer Platz: nicht nur die größte Baustelle Europas, sondern das Loch zwischen Ost und West, symbolisches Zentrum der alten und neuen Hauptstadt. Nach 1989 Zankapfel der Wende, wurde das geschichtsbelastete Bauland zum Sonderangebot für Großkonzerne, denen man den „Standort Berlin“ zunächst mit wenig Erfolg anpries. Inzwischen setzt sich dort nicht nur eine Starparade von Architekten ihr Denkmal, sondern „der Platz“ ist Signifikant einer tiefgreifenden Umstrukturierung der gesamten Stadtlandschaft.
Schueppels Film zeigt die Baustelle als gewaltige technische Inszenierung, die sich stilistisch an den Großstadtfilmen der Neuen Sachlichkeit orientiert. In brillantem Schwarz-Weiß werden die Maschinen zu Akteuren, orchestriert von der Musik FM Einheits, der die Geräusche des Baulärms in neuen Samplings arrangiert hat. Der Platz wird als überlagerung zweier konträrer Topographien gezeigt. über die sichtbare Veränderung des Ortes gewinnen die Erzählungen der Menschen Raum, die die Aussicht auf Beschäftigung aus allen Teilen Europas hierhergeführt hat. Die inneren Monologe umkreisen ebenfalls „den Platz“ – den anderen, abwesenden Platz, der in ihrem Leben die Bedeutung eines emotionalen und mentalen Fixpunktes gewonnen hat. Die Plätze liegen am Meer, in den Bergen, in der Wüste oder im eigenen Garten. Was sie verbindet, ist der Eindruck von Stille und eine nicht quantifizierbare, achronologische Qualität von Zeit.“

Der Platz – Katalogtext von Charlotte Pöchhaker /Biennale, Graz

Pressestimmen

… Ein Kontrastprogramm, das zum Plädoyer wird: für den Erhalt der Natur, aber auch für die beruhigende Wirkung der Sehnsucht. …

Berliner Morgenpost, K.-O.D., 1997

… es geht auch anders: Regisseur Uli M Schueppel hat die Baugruben und die Menschen, die dort arbeiten beobachtet. Abseits jeglicher Berliner Infobox-Gigantomanie stilisierte er das vermeintliche Bau-Chaos zum Kunstwerk und enthüllte mit der Kamera zuvor unsichtbare Strukturen. …

Berliner Zeitung, Bettina Cosack, 27.5.97

Der Berliner Filmemacher Uli m Schueppel fing dieses Chaos mit Kamera und Mikrophon ein und versuchte in seinem Dokumentaressay die Stimmung so authentisch wie möglich wiederzugeben. Das Raffinierte an seiner Darstellung, die manchmal an die alten russischen Dokumentarfilmpioniere erinnerte, war die Tatsache, dass er gegen die monströsen Maschinen die Menschen stellte (…).
Kein Wunder also, dass die Lärmhölle vom Potsdamer Platz durch diesen Kontrast noch wirkungsvoller wurde: Ein Dokumentaressay von hohem ästhetischen Reiz (…)

Kieler Nachrichten & Augsburger Allgemeine Zeitung, T.Späher, 1997

(…) Wie eine Komposition aus Stein und Eisen, aus Maschimemgeräuschen und Naturträumen wirkte die Baustellenlyrik ‚Der Platz‘ von Uli M Schueppel (…)

Abendzeitung München, 1997

… So meditativ ist das, als hätte man sich mit dem Fischer-Technik-Baukasten in einen Rausch gespielt.
Unterlegt hat Schueppel seinen poetischen Dokumentaressay mit den Gedanken der Bauarbeiter. Die träumen mitten im Schlamm von einem Häuschen im Grünen, und Spaziergängen am Meer. Wehmütige Gedanken, die ein anderer Bauarbeiter mit den hohlen Klängen ihres schmutzigen Alltags flankiert: FM Einheit, einst bei den Einstürzenden Neubauten tätig, hat aus original Baugeräuschen einen faszinierenden Soundtrack gezimmert.So schön kann Baustellengukken sein.“

Die tageszeitung, Oliver Gehrs, 1997

…Industry and nature, noise and peace, man and machine collide, and each complements the other to create an effect which is both stunning and thought-provoking. Documentaries do not come much more poetic than this.

The List, Glasgow & Edinburgh, Thom Dibdin, 1997

… ‚Bei einem starken Windstoß hört man das Rauschen der Wälder‘. Von wegen. Vor allem hört man in Schueppels Film, dass in Berlin der Tag gekommen ist, da die Säge sägen will. Kein sympathisches ‚Bau auf. Bau auf!‘ ist hier zu hören, nein, gurgelnde Schlammgruben legen den Verdacht nahe, dass die Stadt nun wirklich begonnen hat ihre Mitte zu suchen. Ein düsterer, ja ausgesprochen kulturkritischer Film…

Der Tagesspiegel, Bü, 1997

Uli M Schueppel ist wohl das, was man einen Filmschaffenden nennt. Alle Filme, die er bisher gemacht hat (fünf Stück, darunter ‚The Road…‘ über Nick Cave) waren so gut, dass sie kaum jemand kennt. (…) ‚Der Platz‘ saugt dem Zuschauer jedes Zeitgefühl ab, und ist so durchkomponiert und abgeschmeckt, dass man mit den Augen hört und mit den Ohren… na fast.

Junge Welt, Simon Hannover, 1997

Der Platz wirkt wie eine von Künstlerhand arrangierte Maschinenperformance. Dokumentarfilmer Uli M Schueppel zeigt die irreal anmutende Szenerie…

Stern, Februar 07

(…) Ein Film, der sehr vom („nicht synchronen“) Zusammenspiel von Bild und Ton lebt. Selbst ‚dokumentarisch‘ anmutende Bilder bekommen prosaisches, wirken wie japanische Haikus inmitten eines schweren deutschen Gedichtes (…).

deVolksgraant, Amsterdam, 1997


Buch, Regie und Schnitt:
Uli M Schueppel

Originalton-Komposition:
FM Einheit

Kamera:Walter Lenertz
Ton:Frank Behnke
Regieassistenz: Annette Drees
Kameraassistenz : Florian Emmerich
Aufnahmeleitung: Vincent Mosch
übersetzung: Barbara Kulinska, Zoran Solomun
Titelgrafik: Johannes Beck
Videobearbeitung:Dieter Kaufmann, Turner&Tailor-Berlin

mit:
Andreas Aussprung, Mustafa Yildiz, Hodo Katal, Fritz Golling, Daniel Fecica, Wolfgang Reimers, Dieter Kranepuhl, Jörg Weirich, Jan Napierata, Helmut Zimmermann, Alain Barth, Adolf Luther, Gregor Morrison, Günther Marks, Dimitrov Dimitr, Jacques van of Riet

Redaktion: Hans Kutnewsky, Das kleine Fernsehspiel/ZDF
Produktion: Schueppel-Produktion

Verleih:
Schueppel-Produktion, Berlin
British Film Institue, London
ZDF-Enterprises, Mainz